Mittwoch, 18. November 2009

Die Lunge ist die Ehefrau vom Dickdarm (Wandlungsphase Metall)

Das östlichste und einwohnerärmste Bundesland Österreichs ist das Burgenland. Aus dem dortigen Landesstudio des österreichischen Rundfunks ORF kommen die unterhaltsamen
"Gesundheitstips von Miriam Wiegele":

feed://static.orf.at/podcast/bgldmagazin/podcast_20.xml

Ausnahmslos alle Folgen haben ihren Reiz, denn laut ORF Burgenland berät uns "Miriam Wiegele (...) vor allem auf der Basis der Traditionellen Abendländischen Medizin aber auch der Rationellen Phytotherapie". Ein guter Einstieg ist die Folge vom 13. Oktober zur Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM).

Hier wird der Blick nämlich endlich mal auf das wirkliche Herzstück der TCM gelenkt: die Kräuterheilkunde. Dabei geht es interessanterweise gar nicht um die Inhaltsstoffe der vielen Pflanzen und Pulver, die in der TCM eingesetzt werden, sondern um deren energetischen Wirkung auf den Menschen. Eine kurze "Pulsdiagnose" durch den TCM-Arzt, und dann sagt er z.B. "Aha, sie haben eine Qi-Leere!" und wir stärken mit Qi-Tonika den Lungen- und Dickdarm-Meridian. Das machen wir aber nur, weil wir uns gerade in der Wandlungsphase Metall befinden - in einer anderen Wandlungsphase würden wir womöglich ein anderes Körperteil-Ehepaar stärken.

Nach dem langen Yin-Yang-Ausflug von Frau Wiegele landen wir übrigens am Ende bei der Empfehlung, jetzt in der kalten Jahreszeit zu einem Tee aus Süßholz oder Ingwer zu greifen. Der steht ja glücklicherweise in jedem Traditionellen Europäischen Hofer-Regal.

Sonntag, 15. November 2009

Und wenn's nicht funktioniert, und wenn's auch keiner erklären kann, dann trotzdem nicht als unwirksam darstellen!

SWR 2 versucht es mal mit differenzierter Darstellung der alternativen Heilmethoden und bringt in der Reihe SWR2 Wissen den Beitrag "Nadeln, Kräuter und Potenzen - was taugen alternative Heilmethoden?":

http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/wissen/-/id=660374/nid=660374/did=5392858/640e0q/index.html

Wir lernen von Einzelpersonen, denen Duftkerzen und chinesische Nadeln geholfen haben, und wir erfahren fürderhin, dass es für das erste Thema keine relevanten Untersuchungen, für das zweite aber richtig viele Untersuchungen, nur leider keinen Wirknachweis gibt. Zumindest wirkt die Verblindungsmethode "Scheinakupunktur" (Nadeln einfach irgendwo rein) genauso gut wie "wahre" Akupunktur (Nadeln in die Meridiane, in der bekanntlich die Lebensenergie Qi fliesst). Beide Methoden wirken übrigens interessanterweise deutlich besser als die konventionelle (z.B. pharmakologische) Therapie bei bestimmten Schmerzbeschwerden:

http://de.wikipedia.org/wiki/GERAC_-_German_Acupuncture_Trials

Die German Acupuncture Trials sind eine umfassende Untersuchung zum Thema Wirksamkeit der Akupunktur. Die untersuchten Deutschen hatten offenbar eine ausgeprägte Erwartung an ihre chinesische Behandlung - und dann war es auch egal, wo man sie im Endeffekt eigentlich so mit den Akupunkturnadeln stach. "YinYang, meine Zuversicht" heisst es dazu sehr schön im Beitrag.

Auf jeden Fall ist auch der Herr Michalsen aus Berlin (siehe Eintrag vom 14.11.) bei diesem Beitrag wieder mit dabei. Er spricht unter anderem zum Thema Homöopathie, und sein Lieblingsthema scheint in diesem Zusammenhang die Verklärung des Placebo-Effekts zu sein:

"Wir wissen ja noch nicht mal, was zwischen Arzt und Patient geschieht. (...) Ob da Resonanzphänomene zwischen einem gegenseitigen Verstehen ablaufen, vermittelt durch die Texte der Homöopathie (...) [und] ob das der Mediator des Effekts ist oder das Kügelchen, das kann Ihnen niemand sagen. Das ganze System ist das, was wirkt."

Und, wir erinnern uns, der Placebo-Effekt wird ja heutzutage grundsätzlich überschätzt:

Michalsen: "Aus Mangel an Erkenntnis sagen wir, das ist alles Placebo. Das ist aber nicht die Realität. Die Realität ist, wir wissen nur nicht, was genau es birgt." Und dass es nicht besser wirkt als Scheinmedikamentierung, das wissen wir eigentlich auch. Aber der Höhepunkt kommt erst noch, und er bringt eine phänomenale Verdrehung der Begriffe mit sich:

Michalsen: "... dass wir vielleicht in zehn Jahren sagen können: diese Placebo-Stufe wird besser durch Homöopathie bedient, eine andere besser durch Akupunktur, und eine dritte mehr durch ganz normale schulmedizinische Medikamente. Also dass man dann einfach in der Lage ist das besser zu verstehen, was eigentlich Heilung ausmacht."

Moment mal: Heilung ist das Ziel, erreicht wird es grundsätzlich durch ein Mysterium namens "Placebo", und das wirkt in "Stufen", die sich von Ibuprofen genauso triggern lassen wie von Zuckerkugeln oder Akupunkturnadeln...? Wer hat denn diese Generation von deuschen Medizinern ausgebildet?!

Aber so ganz schlecht ist der Beitrag ja eigentlich gar nicht. Unverständlich ist nur, warum die an sich klaren Aussagen zur Unwirksamkeit der verschiedenen alternativen Heilmethoden nicht für sich sprechen dürfen, sondern immer wieder mit den üblichen Argumenten des "Offenbleibens" und des Abwendens vom "entweder - oder" verwässert werden. Die SWR-HörerInnen werden schon nicht gleich zum Möbelhauseröffnungs-Bumms-Radio wechseln, wenn ihnen mal 20 Minuten lang eine fundierte, ernsthafte Übersicht über den aktuellen Kenntnisstand gegeben wird. Danach können sie ja immer noch voll Wut und Scham am Knöpfchen drehen und sich den Rest des Tages die bunte Mischung aus subjektiven Lokalwettermeldungen, englischsprachigen Retortenschlagern und den Werbebeiträgen von Fensterscheibenreparaturwerkstätten mit patentierten Verfahren anhören.

Samstag, 14. November 2009

Nicht spezifisch erklärbare Wortbeiträge

Da hat Radio Eins erneut den Fehler gemacht, die unbedarfte Moderatorin mit der charismatischen Autorität zu kombinieren. Heute gab's in der Sendung "Die Profis" einen Beitrag mit dem Titel "Was kann Homöopathie?":

http://download.radioeins.de/mp3/_programm/8/20091114_dp_homoeopathie.mp3

Und, wie sollte es anders sein: es "belegt" mal wieder "die Erfahrung" so einiges. Zu Gast war Andreas Michalsen vom Immanuel-Krankenhaus in Berlin:

http://www.immanuel.de/immanuel-diakonie-gmbh/bereiche/unternehmenskommunikation/nachrichten/berliner-stiftungsprofessur-fuer-naturheilkunde

Endlich haben wir hier auch einen aus der Gruppe vom Blutegel-Dobos (siehe Beitrag vom 20.03.09) vor Ort, falls mal was an den Gelenken quietscht.

Auf jeden Fall gibt uns Michalsen den differenzierten Wissenschaftler und bezeichnet die Wirkweise von Homöopathie saubererweise als "letztlich nicht erklärbar". Danach folgt die übliche rhetorische Runde: Abgrenzung "harte Schulmediziner" auf der einen Seite, "Grundlagenwissenschaftler" auf der anderen, dann noch ein bißchen was zu Informationen in Wassermolekülen - und immer wieder der Beweis der Erfahrung.

Aber dem Herrn Michalsen mache ich ja (hier, an dieser Stelle) gar keinen Vorwurf. Aber warum hat Radio eins das Interview (schon wieder) von einer so ahnungslosen Person führen lassen?

Den investigativen Moderationsbeitrag Nummer 1 kann man gänzlich unkommentiert stehenlassen. Moderatorin: "Ich persönlich probiere ja gerne alles mögliche aus (...), habe (...) mir Globuli geben lassen, probiere ich jetzt seit 3 Wochenenden am Stück (...), und es hilft rein gar nichts. Können Sie mir sagen, warum es nicht hilft, wenn Sie schon nicht wissen, warum es hilft?".

Dann knallhart der Beitrag Nummer 2, der wahrscheinlich so in großen Buchstaben auf dem Zettelchen von der Redaktion steht: "Kritiker meinen ja (...) die Erfolge sind einzig und allein dem Placebo-Effekt zu schulden".

Das Thema nimmt Michalsen gerne auf und verliert sich in einem fröhlichen Quarkschwall-Monolog. In Paraphrase: Mit dem Begriff Placebo ist man ja heute ganz, ganz vorsichtig geworden. Ein Beispiel: operieren sie Menschen z.B. bei Bauchbeschwerden und operieren dabei eine Grupe nur zum Schein, die andere wirklich, dann sind die Ergebnisse nachher die gleichen. Okay, vielleicht tut der Arzt oder auch das Medikament zur Heilung etwas Spezifisches dazu. Und die Erfahrung der Placebowirkung betrifft ja gar nicht die Homöopathie, sondern die ganze Medizin. (Hier schon den Zusammenhang verloren?) Und überhaupt: wenn wir mal nicht die langweiligen wissenschaftlichen Studien anschauen, sondern nur die Patienten, "sogenannte Beobachtungsstudien" - was bringt's dem Menschen?- dann bringt sie viel. Und eigentlich ist es dann auch egal warum.

Sein Fazit zur Homöopathie: sie "hat eine wissenschaftliche Seite, die ist sehr komplex, und dann eine prophane, eine alltägliche, da reicht es eigentlich nur zu sagen: die Homöopathie hilft".

Puh, da bedanken wir HörerInnen der Wissenschaftssendung von Radio Eins uns aber nochmal ganz herzlich, dass Herr Michalsen uns nicht überschätzt und mit wissenschaftlichen Hintergründen gequält hat. Und wir erinnern uns an den Beginn des Einspielers zu diesem Interview, denn da heisst es passenderweise:

"Dumm bleibt dumm, da helfen keine Pillen".